Einschulung in Kenia: Wenn‘s mal wieder länger dauert
Ein Kurzbericht von Michele Verdone (Freiwilliger aus Deutschland): An meinem zweiten Tag im UPENDO Children‘s Village in Kenia stand die Einschulung von Gloria in der öffentlichen Highschool auf dem Programm. Ein spannender und für Gloria wegweisender Moment – der allerdings durch stundenlanges Warten etwas getrübt wurde. Zum ersten Mal sorgte dafür Glorias Schwester. Aufgrund ihrer Verspätung fuhren wir statt um 9 Uhr erst um 10 Uhr los – „Pole Pole“ (heiß auf Kiswahili: „Langsam Langsam“.)
Unsere Geduld wurde durch den aufwändigen Anmeldeprozess jedoch erst wirklich auf die Probe gestellt. Er umfasst fünf Schritte, die alle mit sehr langer Wartezeit verbunden sind. Wer denkt, die Bürokratie in Deutschland macht Prozesse langsam und schwierig, der wird in Kenia erleben, dass es noch deutlich komplizierter geht. Die Unterlagen, die wir für die Anmeldung in dreifacher Ausführung ausgedruckt mitgebracht hatten, umfassten mehrere Schnellhefter – inklusive Kopien von Passbildern der Erziehungsberechtigten/Verantwortlichen. Die Anmeldung am Gate ging dank der guten Vorbereitung von der Upendo-Managerin Michelle noch recht fix. Danach wurden erstmalig sämtliche Dokumente auf Vollständigkeit geprüft, es wartete also die erste nicht zu umgehende Schlange auf uns. Nachdem wir die Prüfung durch die sehr streng dreinschauende Oberlehrerin erfolgreich bestanden hatten, durften wir uns in die nächste Schlange stellen: Die Koffer und sämtliche mitgebrachte Habseligkeiten der Schüler:innen werden hier genaustens kontrolliert – und aussortiert. Ob Hygieneartikel oder Proviant: Die Liste an „verbotenen“ Inhalten scheint sehr lang zu sein.
Aufgebaute Zelte, Zahlstationen/ Anmeldestellen für die neue Schule
Nachdem wir die ersten drei Schritte in etwas mehr als einer Stunde erfolgreich absolviert hatten, waren wir vorsichtig optimistisch, auch die weiteren Stopps recht schnell zu durchlaufen. Zu früh gefreut: Der vierte Schritt, die Prüfung der Zahlung und ggf. Nachzahlung offener Posten, entpuppte sich als Endlosschleife. Vier Lehrer:innen, die mit sehr alter Hardware ausgestattet waren, saßen unter einem Zelt im Freien, verhandelten mit Eltern, die nicht zahlen konnten, und ließen sich von Eltern zu etwas mehr Tempo antreiben, die sich Bestechung leisten konnten: Unter der Hand wechselte erst etwas Geld die Besitzer:innen, dann die betreffenden Eltern ihre Position in der Schlange. Weil wir dieses Vorgehen nicht unterstützten, verbrachten wir an dieser Station etwas mehr als fünf Stunden!!!
Foto links: Gloria mit ihren liebsten Upendo-Geschwistern. Foto Mitte links: Gate der neuen Schule. Nur wer den Anmeldeprozess durchläuft, kommt rein. Foto rechts: Branding der Kleider
Endlich nahmen wir die Schulkleidung für Gloria entgegen – natürlich nicht ohne weitere Wartezeit. Zu guter Letzt stand nämlich das Branding der Schulkleidung an, das von zwei Mitarbeiter:innen der Schule durchgeführt wird. Jede:r Schüler:in hatte ca. 30 Teile, die es mit dem entsprechenden Logo zu versehen galt. Die Folge: eine 50 Meter lange Warteschlange. Auch hier kamen diejenigen schneller voran, die zu großzügigen Zahlungen (und somit zur Korruption) bereit waren. Sicher auch deswegen wurden die Diskussionen unter den Eltern hitziger. Wir hingegen warteten weitere zwei Stunden, bis Michelle und Simon sich durchsetzten und schließlich Nummer 6060 (Glorias Nummer) aufgerufen wurde. Danach mussten wir nur noch warten, bis die Druck-Farbe, mit der das Branding von Glorias Schulkleidung gemacht wurde, getrocknet, der Koffer sicher verschlossen und an die Schüler:innen übergeben waren.
Der Abschied von Gloria fiel trotz der Freude und des Stolzes auf ihre Leistung allen schwer und war sehr tränenreich. Mit diesen Eindrücken machen wir uns nach guten acht Stunden müde wieder auf den Weg zurück ins Dorf.